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Regenbogenkeratin
Mit 14 beschloss ich Haare zu färben. Der Einheitsbrei einer Generation widerte mich an, der blonde Sänger eine Band wurde zum erstrebenswerten Ideal.
Missbilligende Blicke meiner Mutter konnte ich ignorieren. Ihr Kommentar Die Farbe sieht grauenhaft aus, wie ein gelbes Blond hallte noch ein paar Wochen in meinem Kopf wider und verfolgte mich dann im Laufe der gesamten Jahre.
Ausprobieren. Rebellieren. Sich gegen alles stellen, was andere von einem erwarteten. War es das?
Nach Blond kam rot, dünne Strähnen im Pony und unter meinem Deckhaar, ganz vorsichtig, unscheinbar — mir war das alles noch ziemlich peinlich.
Es gefiel mir nicht, es gefiel meinen Mitmenschen nicht, deshalb schnitt ich es wieder ab.
Das Bild meines Ideals hatte ich inzwischen ausgedruckt, es klebte mit einem Stück Tesa-Streifen am fleckigen Spiegel. Meine Hand zitterte, während ich 5 Zentimeter des verhassten Haares auf den Boden fallen ließ. Zufriedenheit stellte sich niemals ein.
Es folgte ein helles Pink und ein dunkles Lila, dazu braune Strähnen. Fast schon gewagt. Ich wusste, es würde keinem gefallen. Mein Friseur widersetze sich diesem Wunsch, ich beharrte, bekam die Farbe und sogar ein Lob im Nachhinein: Das steht Ihnen besser als erwartet.
Endlich Selbstvertrauen. Endlich Zuversicht. Meine Rebellion hatte gesiegt, meine Familie hatte…